Baumtod
Viele, wirklich viele Gutachten zur Wertermitllung von beschädigten Straßenbäumen habe ich bereits erstellt. Und immer wieder stehen Kerzen am Baum. Menschen sind aus dem Leben gerissen. Partner, Angehörige, Freunde, Bekannte hinterlassen einen letzten Gruß. Manchmal steht nur eine Kerze, manchmal aber auch viele davon, Bilder, Blumen, Kleinigkeiten aus dem Leben. Ich kenne diese Menschen nicht, und doch entsteht ein Bild von deren Leben.

Das dann der Wertverlust am Straßenbaum in Geld gerechnet wird ist meine Aufgabe. Ein oder mehrere Menschen sind gestorben, ein Schicksalsschlag der die Angehörigen unvermittelt und unerwartet trifft. Hätte der Baum dort nicht gestanden. Und nun soll dieses tödliche Gewächs auch noch entschädigt werden. Das fühlt sich nicht gut an. Nicht für die Angehörigen, nicht für die Straßenmeistereien und auch nicht für mich. Und doch nimmt das bürokratische Procedere mit amtlicher Präzision seinen Vorgang. Es ändert nichts, einen Moment Inne zu halten und zu Gedenken und ich wünsche mir, dass meine Gutachten direkt an die Versicherung gehen und nicht bei den Angehörigen landen.
Es gäbe Möglichkeiten, Straßen sicherer zu gestalten. Ganz viele Leitplanken. Kurzumtriebspflanzen statt mächtiger Bäume. Tempolimits mit 50 km/h. Warnschilder, Blitzer, irgendwas, was tatsächlich praktikabel ist und wirkt. Denn „Bäume springen nicht beiseite“ gilt nach wie vor.
Bitte: fahrt vorsichtig, nüchtern und wartet die Autos regelmäßig.